Vor 66 Jahren (1947) fragte ein gewisser Hermann Buhl meinen Opa Helmuth ob er mit ihm die Südkante der Gipfelstürmernadel versuchen würde. In größtenteils technischer Kletterei gelang die kühne Erstbesteigung an dieser fragilen Felsformation an der Nordseite der Erlspitze.

Otti Wiedmann vergleicht die Gipfelstürmernadel in seinem Buch gar mit berühmten Felsgebilden wie der Aiguille de la Rèpublique in Chamonix oder der Fiamma im Bergell – da kann man den langen Zustieg schon mal in Kauf nehmen… So starteten Claudia und ich am Bahnhof Hochzirl in Richtung Erlspitze. Knapp unterhalb des Gipfels führt der Steig an einer kleinen Scharte vorbei, von der aus man gleich den besten Blick auf die Nadel hat. Hier klettert man ca. 60 m unschwer (II) in einer geologisch interessanten Felsrinne bis zum Sockel der Gipfelstürmernadel ab.

Wir staunten nicht schlecht, dass bereits eine andere Seilschaft am Einstieg stand und sich zum Klettern vorbereitete. Nachdem die beiden Stubaitaler Matthias und Andre die Westwand geklettert und wieder abgeseilt waren, gehörte der Turm Claudia und mir. Ein Blick auf die steile Südkante überzeugte mich, dass wir uns auch mit der leichteren Westwand zufrieden geben sollten.

Ich baute uns als erstes einen massiven Standplatz, schließlich ist es am absturzgefährdeten Einstieg nicht wirklich geräumig und die ersten Klettermeter gleich ziemlich schwierig (V). Mit einem beherztem Zug geht es auf den angelehnten Pfeiler hinauf. Am Pfeilerkopf könnte man an 2 Normalhaken Stand machen, aber wenn man die Zwischensicherungen ausreichend verlängert ist es kein Problem die Nadel in einem Zug zu klettern. Man folgt nun einem tollen Riss, der sich über Friends (Camalots #0,4 grau bis #2 gelb) freut. Die nahezu perfekte Absicherung im Mittelteil der Route sorgt für ein gutes Gefühl – immerhin kann man nicht zu 100% ausschließen, dass sich der eine oder andere brüchige Griff/Tritt in die Tiefe verabschiedet. Dort wo der Riss breiter und brüchiger wird quert man, an einem Normalhaken vorbei, nach rechts zu einem kleinen Felsvorsprung, ehe man anschließend wieder linkshaltend zum neuen Bohrhakenstand (2 Klebehaken mit Kette) klettert.

Auf dem Gipfel angekommen ist es wichtig einen kompetenten Fotografen in der Scharte am Normalweg zur Erlspitze parat zu haben… Ich hatte dieses Glück in Gestalt der beiden Stubaier, welche die klassischen Bilder von mir auf der Nadelspitze schossen. Vielen Dank nochmal!

Nachdem Claudia trotz kalter Finger ebenfalls rotpunkt bei mir auf der Spitze angekommen war verewigten wir uns noch im historisch wertvollen Gipfelbuch. Das selbe taten wir auch im Tourenbuch am Solsteinhaus, in welchem auch der Originaleintrag von meinem Opa und Buhl aus dem Jahr 1947 zu finden ist.

Tipps für Wiederholer:

  • Am Nadelsockel ist es ziemlich eng, deshalb am besten schon oben am Weg Gurt usw. anziehen.
  • Wer sich im brüchigen Gelände nicht ganz wohl fühlt kann sich von der Scharte auch an einem Normalhaken zum Nadelsockel abseilen. Der Ringhaken steckt orografisch rechts, ein paar Meter unterhalb der Scharte.
  • Am Einstieg steckt ein alter Normalhaken. Den Standplatz kann man durch einen kleinen Klemmblock und einen Friend (Camalot #0,75 grün) deutlich sicherer gestalten.
  • Es stecken einige Normalhaken, dennoch empfiehlt es sich für den Riss im Mittelteil ein paar Friends (Camalots #0,4 grau bis #2 gelb) dabei zu haben. Mit 7, idealerweise verlängerbaren, Expressschlingen hat man genug.
  • Am Gipfel kann man mit einer 120er Bandschlinge an einem Felskopf Stand machen. So kann man gut zu zweit auf der Spitze stehen – der neue Bohrhakenstand liegt nämlich etwas tiefer.
  • Unbedingt einen Fotografen auf der Scharte am Steig zur Erlspitze positionieren…

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