Archiv für die Kategorie „Alpinklettern“

Schon damals, als Lucky und ich uns durch die Latschen unseres „integralen Acherkogel W-Grates“ kämpften, hatten wir den Grat zwischen Acherkogel und Wechnerkogel im Auge. Heute wollten wir uns die Sache aus der Nähe ansehen und sind recht früh vom unteren Speichersee in Kühtai Richtung Mittertal aufgebrochen. In 3 seeehr langen Seillängen (alles am „laufenden seil“ geklettert) errechten wir über den beliebten NO-Grat zügig den Gipfel vom 3.007 m hohen Acherkogel.

Der weitere Weg wird im Führer von Klier mit wenigen Sätzen beschrieben – viele Begehungen dürfte diese lohnende Vebindung hinüber zum Wechnerkogel allerdings nicht sehen. Schlüsselstelle ist eine steile Seillänge in einer markanten kaminartigen Verschneidung auf der NW-Seite des Wechnerkogels. Hier stecken nur ein oder zwei alte Haken, ein paar Friends sollten deshalb mitgenommen werden. Luftig geht es dann zwischen den Spitzen des Wechnerkogels dahin, ehe man über den wirklich schönen O-Grat zur Wechnerscharte absteigt.

Tipps für Wiederholer:

  • „Schnell und leicht“ ist wiedermal die Devise. Einfachseil und ein kleines Sortiment Friends, sowie mehrere Schlingen sind ausreichend. Von der Wechnerscharte kommt man dank Ausaperung ohne Steigeisen hinunter ins Mittertal. Früer im Jahr könnten hier allerdings Leichtsteigeisen hilfreich sein.
  • Die Routenbeschreibung im Führer von Klier (#1147 im alten Führer und #1455 im neuen) lesen.

Während die Nordkante auf den Fußstein bei schönem Wetter zu den überfülltesten Routen der Region zählen dürfte kann man bei der langen Fortsetzung hinüber zum Olperer die Einsamkeit genießen.

Claudia und ich gingen dieses Projekt in unserer Lieblingstaktik „Auto-Auto“ an… Start im Dunklen um 5 Uhr bei der Touristenrast in Vals. Der massive Stau in der Nordkante kostete uns bestimmt knappe 2 Stunden und wir begannen zu zweifeln ob uns genügend Zeit für den Verbindungsgrat bleibt. Eine große Überholaktion am „laufenden Seil“ rettete uns dann aber doch noch den Tag und während die anderen Kletterer mit dem Abstieg vom Fußstein beschäftigt waren brachen wir vom Gipfel in die andere Richtung auf.

Der Grat ist gerade am Beginn sehr ausgesetzt und bei den zahlreichen lockeren Blöcken ist Vorsicht geboten. Mehrmals gilt es bei Gendarmen den richtigen Weg zu finden, einmal mussten wir von so einem Gratturm abseilen. Vermutlich hätte man aber auch diesen Turm umgehen können.

Klettertechnische Schlüsselstelle ist der markante frische Ausbruch am Beginn des letzten Drittels. Dort stecken aber mehrere solide Normalhaken was die Sache entschärft.

Der Abstieg vom Olperer zieht sich dann natürlich ziemlich und so kamen wir nach Einbruch der Dunkelheit zu unserem Auto zurück.

Tipps für Wiederholer:

  • Früher Aufbruch. Gegen die Seilschaften welche von der Geraer Hütte aus starten hat man aber bei dem langen Zustieg dennoch keine Chance. Stau vorprogrammiert!
  • Überall sehr vorsichtig klettern und Friends nicht hinter lose Granitschuppen stecken! Die zahlreichen Kletterer in Kombination mit messerscharfen Granitschuppen ergeben allzu oft extrem gefährlichen Steinschlag…
  • Lange Reepschnürstücke für Abseilaktionen am Verbindungsgrat mitnehmen.

Wie oft fuhr ich wohl schon mit den Ski auf der Damenabfahrt unter der Hörzingwand vorbei? Ich weiß es nicht, aber jedenfalls störte es mich schon seit langer Zeit, dass ich diese markante Felswand noch nie durchstiegen bin. Jetzt habe ich etwas dagegen unternommen und das Resultat kann sich sehen lassen: Mit der „Hart aber Hörzlich“ gibt es nun eine neue Linie durch den zentralen Teil der Wand!

Im Kletterführer von Andreas Orgler sind bereits 3 Routen in der Hörzingwand vermerkt: Der „Mitteldurchstieg“ (Huber & Reinalter, 1975), die „Putana“ (A. & M. Orgler, 1981) und den „Westriss“ (Orgler, 1983). Die ungefähren Verläufe der 3 Routen sind auf einer etwas spartanischen Skizze eingezeichnet. Aus dieser Skizze war zu schließen, dass die „Headwall“ der Hörzingwand – also der obere, steile und zentrale Wandteil – noch nie durchklettert wurde.

Mitte August wollte ich mir die Sache dann aus der Nähe ansehen und startete mit entsprechend mulmigen Bauchgefühl in das Abenteuer. Gesichert habe ich mich mittels modifiziertem GriGri, was ein ziemlich flüssiges Solo-Vorstiegsklettern erlaubt. Dank der erstaunlich guten Felsqualität in der ersten Seillänge kam ich hier recht gut voran. Das Ziel möglichst viel mit mobilen Sicherungsmitteln zu arbeiten gestaltete sich aber schwierig – der kompakte Kalk weißt hier leider sehr wenige geeignete Strukturen (Risse) auf. Immer wenn sich die Furcht zu sehr bemerkbar machte setzte ich einen Bohrhaken aus der Kletterstellung. Dies ist natürlich sehr anstrengend, aber eine andere Option gab es aufgrund fehlender Skyhook/Cliffhanger-Möglichkeiten nicht.

In der zweiten Seillänge erhielt ich moralische Unterstützung durch Lucky und Alex, die mich, in der Sonne sitzend, beobachteten. Diesen seelischen Beistand hatte ich am Start der zweiten Seillänge auch dringend nötig: Hier galt es extrem brüchigen Fels zu überwinden, was in einer gröberen Felsräumaktion endete. Nach dieser heiklen Stelle (die mittlerweile deutlich besser zu klettern ist) ging es in einem tollen Riss weiter. Hier konnte ich den einen oder anderen Friend legen.

Am zweiten Stand ließ ich es gut sein, jetzt war klar, dass sich eine Route durch die ganze Wand lohnen wird. Ich seilte ab und wurde von meinen zwei Beobachtern mit einem Bier empfangen. Perfekter Support – Vielen Dank!

Der zweite Anlauf endete in einem kleinen Gewitter am selben Standplatz. Claudia und ich seilten mit der ganzen mitgebrachten Ausrüstung wieder ab.
Der dritte Anlauf sollte dann aber nicht lange auf sich warten lassen. Claudia und ich kletterten wieder bis zum 2. Stand hoch und nun hieß es erneut in den Entdeckermodus umzuschalten.

Mehr als nur erstaunt war ich einen alten Normalhaken in der brüchigen Verschneidung am Start der dritten Seillänge zu finden. Laut Orgler-Führer dürfte hier doch keine Route sein!? In der Annahme, dass es sich um einen Verhauer-Haken der Huber-Reinalter-Route handelt kletterte ich weiter. Wenig später fand ich 2 weitere Normalhaken. Ich gehe davon aus, dass der „Mitteldurchstieg“ hier entgegen dem Orgler-Topo nach rechts ausholt, ehe er zurück in die riesige Verschneidung führt. Diese 3 Haken waren jedenfalls die einzigen und letzten Begehungsspuren. Spätestens ab Seillänge 4 folgt die „Hart aber Hörzlich“ ganz sicher wieder einer neuen, eigenständigen Linie.

Seillänge 4 ist ein Highlight der Route: Sehr steil, aber trotzdem nie zu schwer. Nach der kniffligen Einstiegsstelle schlängelt sich die Linie durch die schwächste Wandpartie, wobei der Fels wieder erstaunlich fest und griffig ist.

Seillänge 5 startet mit einer einfachen Rampe. Gleich danach geht es aber wieder mehr zur Sache, denn der Quergang nach links ist nicht zu unterschätzen. Außerdem gibt es hier wohl die moralisch anspruchsvollste Stelle, aufgrund der recht weiten Hakenabstände.

Die letzte Seillänge startet in einer rinnenartigen Verschneidung. Mein ursprünglicher Plan dieser Verschneidung bis hinauf zum nächsten Band zu folgen verwarf ich, als ich den besseren Fels weiter links sah. Im Nachhinein betrachtet wäre es besser gewesen gleich vom Stand links hinauf zu klettern, aber jetzt ist es so wie es ist. Die letzten 30 Meter dieser Seillänge verbringt man dann in einem klassischen Kalkkögel Kamin: ziemlich brüchig, aber nicht schwierig.

Es gibt wohl wenige Routen mit einem ähnlich eleganten Ende. Vom letzten Standplatz sind es noch 5 Schritte und man steht in der ebenen Almwiese und kann sich gemütlich auf den Rücken legen.

Großer Dank gebührt meiner Claudia, die mich bei solchen Unternehmungen immer unterstützt und fast immer auch begleitet!

Das Topo der „Hart aber Hörzlich“ gibt es hier als PDF zum Herunterladen!

Toureninfo:

Hörzingwand – Hart aber Hörzlich

  • 250 Klettermeter, 6 Seillängen, Schwierigkeit: 6a+ (VI+)
  • Bohrhakengesicherte Route im typischen Kalkkögel-Fels. Stellenweise entsprechend brüchig. Die meisten Standplätze wurden wie beim Eisklettern so gewählt, dass der Sichernde einigermaßen vom Steinschlag geschützt ist. Dennoch sollte der Vorsteiger behutsam klettern.
  • Die Abstände zwischen den Bohrhaken sind mitunter sehr weit. Möglichkeiten für mobile Sicherungsmittel gibt es wenige und wurden im Topo mit Angabe der Friend-Größe vermerkt.
  • Die Schlüsselstellen sind zwingend frei zu klettern.
  • Es empfiehlt sich die meisten Zwischensicherungen zu verlängern um dem Seilzug entgegenzuwirken.
  • Informationen zum Material: siehe Topo

Zustieg:

Entweder von der Lizum über die Damenabfahrt aufsteigen (ca. 30 min), oder mit der Bahn aufs Hoadl fahren und dann gemütlich in 20 min über die Piste zum Einstieg absteigen.

Abstieg:

Besser geht es nicht: In 15 min über Almwiesen völlig problemlos und offensichtlich zurück zum Einstieg. Abseilen über die Route wäre möglich, aber wegen dem möglichen Steinschlag nicht zu empfehlen (alle Standplätze mit 2 Bohrhaken, Seilstück und Abseilkarabiner eingerichtet).

Erste Begehung (von unten):
Seillängen 1 und 2: Klaus Pietersteiner (solo)
Seillängen 3-6: Klaus Pietersteiner und Claudia Patschka (am 26.8.2016)
2. und zugleich erste Rotpunktbegehung:
Mathias Gschwendtner und Klaus Pietersteiner (28.8.2016)
3. Begehung (rotpunkt):
Arno und Klaus Pietersteiner (16.9.2016)

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