Archiv für die Kategorie „Alpinklettern“

Nachdem es in der Nacht ein Gewitter und einiges an Neuschnee gegeben hat, wurden wir heute wieder vom strahlenden Sonnenschein geweckt.
Obwohl sich alle anderen Seilschaften von den riesigen Spalten des Bergschrunds abschrecken ließen, fanden Claudia und ich eine extrem einfache Möglichkeit diese Hürde zu meistern: Ganz am orografisch linken Rand, zwischen dem Sockel des Capucin und dem Bergschrund, gab es einen versteckten Durchschlupf, durch den man mühelos auf die Schnee/Eis-Rippe zwischen den beiden Spalten gelangte. Nun musste man nur noch die obere Spalte unschwer orografisch rechts umgehen und schon konnte man gemütlich zum gestuften Vorbaugelände zurückqueren. Der Vorteil: Wir mussten niemals in die offensichtlich steinschlaggefährdete, zentrale Rinne queren und waren außerdem deutlich schneller als alle anderen.

Am Vorbau finden sich mehrere Bohrhaken-Standplätze. An einem dieser Stände ließen wir die Gletscherausrüstung und die schweren Bergschuhe zurück.
Es folgen 2 sehr lange und gar nicht so einfache Seillängen im blockigen Gelände. Der Neuschnee der vergangenen Nacht machte sich hier manchmal durch nasse Stellen unangenehm bemerkbar.

Schließlich erreicht man aber den typisch rötlichen Chamonix-Granit und von nun an ist die Kletterei einfach nur noch super! Hinter einer tschechischen, und vor einer südtiroler Seilschaft, kletterten wir zügig höher. Die Schlüssellängen befinden sich im oberen Drittel der Wand: Hier warten etwas glatt polierte Fingerrisse auf geschicktes finger-jamming und erfahrenen Umgang mit mobilen Sicherungsmitteln. In den schwersten Stellen stecken aber auch ausreichend Normalhaken und festgefressene Klemmkeile. Weil die Kletterei in der Schlüssellänge, erstens gar nicht leicht, und zweitens wieder etwas feucht war, musste ich mich vom roten Punkt leider verabschieden.

Nach dem Fingerriss würde die Schweizerführe unter einem kleinen Dach nach rechts abzweigen. Die meisten Kletterer – und so auch wir – bevorzugen aber den leichteren Ausstieg über die Route „O Sole Mio“. Also querten auch wir nach links, hinein in den Schatten. Wären wir alleine in der Wand gewesen hätten wir bestimmt noch einmal aufs Topo geschaut, ehe ich in die unschöne, klatschnasse Kamin/Offwidth – Länge warf… Aber weil wir eben nicht alleine waren kletterten wir brav den Tschechen nach und fluchten über eine ordentliche Dusche. Ich kletterte dabei etliche Meter technisch (C1). Eigentlich wäre es etwas weiter links über (vermutlich wunderschöne und trockene) Platten hinauf gegangen…

Die letzten ca. 80 m bis zum Gipfel kletterten wir am laufenden Seil und so standen wir bald ganz oben auf der Kapuze.

Ich würde nicht über die in vielen Führern vorgeschlagene Route (L’écho des alpages) abseilen. Zum einen, weil ich sie nicht kenne, und zum anderen, weil das Abseilen über den Aufstiegsweg unproblematisch ist. Mit dem guten Gefühl, dass noch eine Seilschaft hinter uns ist (könnten bei festsitzenden Seilen helfen), riskierten Claudia und ich sehr lange Abseilmanöver. Da alles reibungslos funktionierte waren wir schon bald zurück beim Materialdepot. Von dort seilten wir uns über die Abseilstände weiter im Fels ab, und schließlich, vom untersten Bohrhakenstand, über den Bergschrund auf den flachen Gletscher.
Um heute noch die Helbronner Seilbahn zu erwischen waren wir zu spät. Außerdem, das stellte sich aber erst später heraus, wäre sie heute wegen Wartungsarbeiten sowieso nicht gefahren. So entschieden wir uns eine weitere Nacht im Zelt am Gletscher zu verbringen.

Am nächsten Tag übten wir noch ein bisschen die Kameradenrettung aus einer Gletscherspalte, ehe wir, gezwungenermaßen (die Helbronner fuhr immer noch nicht), zu Fuß auf die Aiguilles du Midi marschierten.

Tipps:

  • Topos gibt es massenhaft im Internet.
  • Wenn möglich orografisch ganz links den Bergschrund überwinden. Hier ist die Steinschlaggefahr aus der Rinne am geringsten.
  • Ganz oben nicht in den Kamin klettern sondern weiter links der gebolteten O Sole Mio folgen.

Nach einem Regenerationstag im Schwimmbad des Zoos in Les Marécottes ging es, gut akklimatisiert weiter, nach Chamonix. Schon vor ein paar Jahren wollten wir den Trident du Tacul besteigen, mussten dann aber aus Zeitproblemen umkehren um rechtzeitig zum Abendessen auf der Torino Hütte zu sein.
Diesmal gingen wir die Sache anders an: Wir schnappten unsere leichte Campingausrüstung und fuhren via Aiguilles du Midi mit der Helbronner Bahn zur neuen Seilbahnstation beim Rifugio Torino. Von dort erreicht man in etwa 45 Minuten die kleine Zeltstadt unterhalb des Grand Capucins. Claudia und ich schlugen unser Zelt auf und gingen dann gleich weiter zur Einstiegsrinne des Trident.

Der Bergschrund war heuer überhaupt kein Problem und auch die anschließende Schneerinne hatte super Trittfirn. Trotzdem sollte man hier nicht trödeln – Steinschlag ist nicht auszuschließen.

Nachdem Steigeisen und Bergschuhe auf einem Felsvorsprung deponiert waren ging es los mit der fabelhaft schönen Granitkletterei. Bald erreicht man das große Felsband auf dem man ziemlich weit nach rechts quert. Nun folgt die schwerste Seillänge mit einer delikaten Querung nach rechts und einem anschließenden Offwidth. Die Schwierigkeiten halten sich aber in Grenzen und außerdem kann man alles gut mit Friends absichern. Die Kletterei auf der Sonnenseite des Trident wird dann von Seillänge zu Seillänge immer noch schöner. Genial sind schließlich die letzten beiden Seillängen.
Die coole und sehr ausgesetzte Gipfellänge stieg Claudia vor und anschließend genossen wir noch ein bisschen Sonnenschein auf dem mehrere Quadratmeter großen, fast ebenen, Gipfelblock.

Leider gab es zwischenzeitlich einen Unfall in der Schweizerführe am gegenüber liegenden Grand Capucin. Ein Kletterer musste am Tau ausgeflogen werden – hoffentlich war er nicht zu schwer verletzt.

Während des Abstiegs zogen dann immer mehr Wolken auf und gerade als wir den Gletscher erreichten begann es auch schon zu schneien. Wiedermal zeigte sich, dass man in Chamonix keine Zeit verschwenden sollte – Claudia und ich erreichten gerade rechtzeitig unser Zelt, ehe ein Gewitter mit Graupel, Wind und mächtigem Gedonner startete. Der positive Effekt: Mit unserem Jetboil konnten wir sauberes Wasser produzieren.

Tipps:

  • Super Informationen und Topos auf http://www.chamonixtopo.com/
  • Über die Route abseilen ist völlig unproblematisch – zumindest blieb uns nie das Seil hängen. Alle (Abseil)stände sind entsprechend eingerichtet.
  • Die erste Hälfte der Route ist im Schatten – ausreichend warme Kleidung mitnehmen.
  • Ein Camalot #3 und/oder #4 entschärft den OW in der Schlüssellänge. Bei unserer Begehung steckte schon ein festgefressener Camalot #3.
  • Der Kamin hinter dem Obelisk ist relativ einfach, weil man eine gute Kante zum festhalten hat.

Nachdem Lukas und ich am Vortag in der Via del Calice eines unserer Halbseile fast genau mittig zerstört hatten war der Aktionsradius im vertikalen Gelände aufgrund fehlender Ersatzseile stark eingeschränkt. Dazu kam noch, dass wir am Zeltplatz in Armentarola wegen des großen Andrangs keine Pizza mehr ergatterten und uns so ausschließlich von ein paar Landjägern ernährten…

Eine glückliche Fügung ergab sich dadurch, dass meine Eltern die Route Re Artu für den kommenden Tag geplant hatten. Schnell war vereinbart, dass sie uns Ersatzseile mitbringen würden und wir uns einen schönen Tag in der prallen Südwand des Monte Formin machen würden.

Die Route ist gut mit Bohrhaken abgesichert, wer will kann aber auch noch ein paar zusätzliche Friends legen. Die Routenführung und die Felsqualität sind wirklich vom Allerfeinsten! Aufgrund des regen Verkehrsaufkommens in dieser und der Nachbarroute dauerte alles ein wenig länger, aber bei einem Familienausflug im strahlenden Sonnenschein macht das wenig. Nur beim Abstieg entschieden wir uns dann für die längere zu-Fuß-Variante weil wir uns den zu erwartende Steinschlag in der Rinne des Schnellabstiegs ersparen wollten.

Dank eines endlosen Staus im Pustertal fiel dann leider auch die heutige Pizza aus und nachdem Lukas und ich unsere Landjäger-Vorräte nun endgültig erschöpft hatten war die Stimmung während der Heimfahrt, trotz zweier toller Routen, irgendwie im Keller.

Archiv